Seit Anfang 2024 nutzt das Spitalzentrum des französischsprachigen Wallis insbesondere in der Notfallstation und in der Radiologie mehrere Lösungen zur Unterstützung der Diagnostik, die auf der künstlichen Intelligenz beruhen.
«Die künstliche Intelligenz allein macht die Arbeit nicht besser als ein Arzt», erklärt Dr. Abderrahmane Hedjoudje, Leitender Arzt in der Abteilung diagnostisches & interventionelles bildgebendes Verfahren des Spitalzentrums des französischsprachigen Wallis (CHVR). «Aber gemeinsam arbeiten die künstliche Intelligenz und der Arzt besser als der Arzt allein», fasst er zusammen. Er macht diese Feststellung nach einigen Monaten Erfahrung mit mehreren Lösungen zur Unterstützung der Diagnostik durch die künstliche Intelligenz (KI) im Bereich des medizinischen bildgebenden Verfahrens.
Das Projekt wird geleitet vom Zentrum für klinische Forschung und Innovation des Spital Wallis (CRIC). Im Frühling 2024 ist eine Plattform eröffnet worden, welche die Nutzung von Lösungen der künstlichen Intelligenz in der täglichen klinischen Praxis ermöglicht. Mit mehreren KI-Lösungen, die insbesondere in der Notfallstation und in der Radiologie täglich eingesetzt werden, ist das Spital Wallis unter den öffentlichen Spitälern der Westschweiz ein Vorreiter in diesem Bereich.
Vor allem eine Unterstützung für die Diagnostik
«Man spricht von künstlicher Intelligenz, weil es sich hier um neue Technologien handelt, die auf intelligenten Algorithmen beruhen, welche selbstständig lernen», betont Dr. Hedjoudje. «Den Einsatz dieser Netzwerke intelligenter Neuronen nennt man “deep learning”. Mit ihnen ist es möglich, über gewisse bisher benutzte elektronische Funktionen hinauszugehen.»
Diese Lösungen bilden vor allem eine Unterstützung für die Diagnostik. «Die Algorithmen ersetzen auf keinen Fall den Radiologen», beruhigt der Facharzt. «Indem sie die Bilder der Radiologie, des Scanners oder der MRI analysieren, können diese Algorithmen eine Anomalie entdecken, eine Messung quantifizieren oder Informationen organisieren, so dass der Radiologe rascher über wichtige Elemente verfügt.»
Nachweis von Frakturen
Die Lösung «BoneView» ermöglicht den Radiologen und Notfallärzten zum Beispiel, einfacher und schneller Knochenfrakturen, Luxationen und Ergüsse zu erkennen. Gleichzeitig kommt es zu weniger diagnostischen Fehlern, so dass die Vorteile für die Fachärzte, schliesslich aber auch für die Patientinnen und Patienten, offenkundig sind. Nach der positiven Evaluation der Pilotphase sind auch noch andere Lösungen umgesetzt worden: BoneView Measures für präzise und rasche Messungen von Winkeln und Ausrichtungen von Knochen; BoneAge für die Feststellung des knochenspezifischen Alters; Pixyl MS für die Analyse von multipler Sklerose; Pixyl BV für die Hirnvolumetrie. Andere Anwendungen, zum Beispiel für den Nachweis von Brustkrebs, werden folgen.
«Die künstliche Intelligenz in der klinischen Praxis kann auch die Ausbildung verbessern», erklärt Dr. Hedjoudje. «Die Algorithmen ermöglichen den Nachweis von Elementen, an welche die Ärzte in Ausbildung zu Beginn ihrer praktischen Tätigkeit nicht unbedingt gedacht hätten. Die Anwesenheit einer kleinen “Begleiterin” mit künstlicher Intelligenz ist auch pädagogisch von Bedeutung.»
Sicherheitsnetz und Vorteile für die Patientinnen und Patienten
Für Dr. Sarah Favre, Verantwortliche des CRIC, geht der Einsatz von Lösungen der künstlichen Intelligenz über die reine Unterstützung für die Diagnostik hinaus. Dies ist zum Beispiel der Fall beim Management der Flüsse der Untersuchungen und der Automatisierung der entsprechenden administrativen Aspekte. «Gewisse Dinge sind nicht sofort messbar oder quantifizierbar», betont sie. «Aber man weiss, dass sie die Praxis verbessern werden. Sie sind nämlich wie zusätzliche Sicherheitsnetze, welche die Ärzte in ihrer täglichen Arbeit unterstützen.»
«Mit der KI kann zum Beispiel im Rahmen einer Bilanz des Bauchspeicheldrüsenkrebses ein MRI- oder Scan-Bericht strukturiert werden, was eine bessere Klassifikation der Patientinnen und Patienten ermöglicht», ergänzt Dr. Hedjoudje. «Längerfristig führt dies auch zu einer besseren chirurgischen Versorgung dieser Personen.» «Schlussendlich geht es um den Nutzen für die Patientinnen und Patienten. Dabei kann es sich um eine Verbesserung des Nachweises von Frakturen oder Brustkrebs, um eine Reduktion der Zeit im Scanner oder in der MRI sowie um eine Verkürzung der Wartezeit in der Notfallstation handeln. Das sind alles Elemente, welche die Erfahrung der Patientinnen und Patienten verbessern und die Risiken minimieren».
- Reportage von Kanal9 über die Unterstützung der Diagnostik durch die künstliche Intelligenz: hvs.link/ia-canal9
Das Zentrum für klinische Forschung und Innovation des Spital Wallis (CRIC)
Das CRIC, der operative Arm der Plattform Forschung und Innovation des Spital Wallis, ist der Generaldirektion angegliedert. Es ist die alleinige Kontaktstelle für interne und externe Anfragen zur Umsetzung eines innovativen Projekts oder einer Studie im Bereich der klinischen Forschung. Hier werden auch Technologien und neue Organisationen genehmigt (vor allem in Zusammenhang mit Medizinprodukten und digitalen Technologien).
Das Zentrum hat insbesondere folgende Aufgaben: innovative Ideen für die Generierung eines Mehrwerts für Patientinnen/Patienten und Beteiligte unterstützen, im Spital Wallis eine innovative Kultur schaffen, durch die Nutzung von Synergien mit öffentlichen und privaten lokalen Akteuren die Institution als innovativen Akteur fördern, in Übereinstimmung mit der Digitalisierungsstrategie der Institution die Sammlung von Bedürfnissen für innovative Ideen zentralisieren und das Spital Wallis bei der technologischen Wende 4.0 (Digitalisierung, künstliche Intelligenz, Telemedizin, usw.) unterstützen.
So werden bereits Synergien mit öffentlichen und privaten lokalen Akteuren genutzt. Dabei handelt es sich zum Beispiel um The ARK (Stiftung für Innovation im Wallis), den Inkubator für Start-ups CIMARK, das IDIAP, die EPFL, die HES-SO, die Versicherungen und die medizinischen Zentren.