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Legen von Venenkathetern unter Ultraschallkontrolle: Veranschaulichung einer Massnahme zur Verbesserung der Versorgungsqualität und -sicherheit

Ausgehend von einem Zwischenfall, den eine Patientin erlebte, bis hin zur Umsetzung eines spezifischen Verfahrens mit entsprechender Schulung ist das Legen eines Venenkatheters unter Ultraschallkontrolle ein Beispiel für die ständige Verbesserung des Spital Wallis im Bereich der Versorgungsqualität und -sicherheit.

Nicht alle Personen, deren Versorgung das Legen eines Venenkatheters (umgangssprachlich «eines Tropfs») erfordert, verfügen über «Autobahnen», also über hervorstehende und gut dimensionierte Venen, so dass die Pflegefachperson diesen Katheter mühelos legen kann. Manchmal verfügen die betroffenen Patientinnen und Patienten über ein «reduziertes Venenkapital», wie es die Fachärzte nennen, so dass mehrere Versuche notwendig sind. Das passierte einer Patientin im CHVR gegen Ende des Jahres 2019. «Nach mehreren Versuchen auf der Abteilung und einem Versuch unter Ultraschall durch einen Anästhesiepflegefachmann wurde schliesslich beschlossen, darauf zu verzichten», erinnert sich Stéphanie Courouble, klinische Pflegefachfrau in der Abteilung Anästhesie des CHVR. Die Patientin litt anschliessend unter starken Armschmerzen und es musste ein chirurgischer Eingriff durchgeführt werden, um ein grosses Hämatom zu drainieren. Eine Störungsmeldung wurde von dem für die Patientin zuständigen Mitarbeiter verfasst und die Patientin teilte dieses Versorgungsproblem der Anlaufstelle für Anliegen des Spital Wallis mit, die diese Problematik an die Kaderpflegefachpersonen der Abteilung Anästhesie weiterleitete. «Diese Patientin         wünschte die Umsetzung von Verbesserungsmassnahmen», erklärt die Anästhesiepflegefachfrau.

Damals waren die Kompetenzen zwar vorhanden, aber es bestanden unterschiedliche Praktiken und das Pflegepersonal verfügte nicht über dieselben Schulungen, so dass in solchen Situationen keine einheitliche Versorgung gewährleistet war. Gewisse Pflegefachpersonen sind für das Legen von Venenkathetern unter Ultraschallkontrolle geschult. Allerdings gibt es kein Standardverfahren und keine Richtlinie, die festlegen, zu welchem Zeitpunkt man auf diese spezialisierten Ressourcen zurückgreifen sollte.

«Mehrere Korrekturmassnahmen wurden umgesetzt», erläutert Frau Courouble, die für dieses Verbesserungsprojekt zuständig ist. «Eine dieser Massnahmen besteht in der Benutzung einer einheitlichen Skala für die Evaluation des Venenkapitals. Dies ermöglicht heute die konkrete Quantifizierung und Evaluation des Schwierigkeitsgrads der Intervention. Ein Flussdiagramm zeigt anschliessend auf, welche Schritte anhand der vorliegenden Situation auszuführen sind.»

Standardverfahren zur Evaluation des Schwierigkeitsgrads beim Legen eines Venenkatheters

Mit der Skala A-DIVA (Adult Difficult Intravenous Access Scale) können fünf Risikofaktoren evaluiert werden. Es handelt sich um die Sichtbarkeit einer Vene, ihre Tastbarkeit, ihren Durchmesser, die Dringlichkeit der Situation und den Verlauf der Venenzugänge der Person. Es ist zum Beispiel wichtig zu wissen, ob in der Vergangenheit bereits Schwierigkeiten beim Legen eines peripheren Venenkatheters auftraten. «Jeder bestehende Faktor wird hinzugerechnet, so dass schliesslich eine Punktzahl entsteht, die den Schwierigkeitsgrad für das Legen eines Venenkatheters aufzeigt», bemerkt Stéphanie Courouble. «Dieses Verfahren gelangt auch in anderen Spitaleinrichtungen zur Anwendung. Das Antizipieren der Schwierigkeiten beim Venenzugang bildet Bestandteil der Strategie zur Verbesserung der Patientenversorgung.»

Ein Ergebnis von 4 Punkten zeigt zum Beispiel ein hohes Risiko auf, bei dem für den ersten Punktionsversuch mit einer Misserfolgsrate von 93 % gerechnet wird «Je nach Ergebnis wird die Zahl der Versuche durch das Personal der Abteilungen festgelegt und begrenzt. Anschliessend muss eine Anästhesiepflegefachperson hinzugezogen werden», erklärt Stéphanie Courouble. «Dies ist für die Pflegefachpersonen der verschiedenen Abteilungen komfortabler, da sie nicht unter dem “Druck” mehrerer Fehlversuche stehen. Aber auch die Anästhesisten wissen, dass sie hinzugezogen werden, wenn die Situation dies erfordert, also weder zu früh noch zu spät …»

Theorie und Praxis

In gewissen ganz schwierigen Fällen kann der Venenkatheter unter Ultraschallkontrolle (Echografie) gelegt werden. Dies geschieht durch eine geschulte Anästhesiepflegefachperson oder eine Anästhesistin/einen Anästhesisten. «In diesem Rahmen haben wir eine theoretische und praktische Schulung für diese Technik eingeführt», betont Stéphanie Courouble. Die theoretische Schulung dauert einen Tag. Die praktische Betreuung erfolgt längerfristig. Nach den ersten Übungen an “Phantomarme” (spezielle Geräte für das Training) im Simulationszentrum von Siders erfolgt das Legen der ersten 25 Katheter unter Ultraschallkontrolle unter der Supervision eines Anästhesisten, der die Pflegefachpersonen «coacht». Anschliessend legen diese eine praktische Prüfung ab und können diese Intervention künftig selbstständig durchführen, wobei vorgängig ein Kaderarzt informiert werden muss.

Zwei Schulungen pro Jahr

Für Stéphanie Courouble sind die ersten Ergebnisse sehr ermutigend. «Unsere Schulung ist vertiefter als diejenige an anderen Zentren und wir hoffen, sie vorerst dem Personal der Anästhesieabteilung und später auch den Mitarbeitern anderer Abteilungen des Spitals Wallis, wie der Notfallstation oder der Radiologie, die oft Katheter legen müssen, anbieten.»

Die Abteilung Anästhesie als Unterstützung
«Ein Auftrag der Abteilung Anästhesie (SAR) besteht in der Unterstützung der Spitalabteilungen, die mit schwierigen Zugängen zu Gefässen konfrontiert sind», erklärt Dr. Sylvain Tosetti. «Diese können die Unterstützung der SAR anfordern. Das Vorgehen wird anhand eines Flussdiagramms festgelegt, das die Zahl der Versuche vor der Kontaktaufnahme mit der SAR begrenzt und auf die Patientinnen und Patienten mit prädiktiven Faktoren für Schwierigkeiten und/oder Komplikationsrisiken ausgerichtet ist».
In diesem Zusammenhang ist der 2D-Ultraschall als Hilfe beim Legen der peripheren Venenkatheter anerkannt und bestätigt. Er kann sowohl bei Erwachsenen als auch in der Pädiatrie angewendet werden und erhöht die Erfolgsrate beim ersten Versuch. Gleichzeitig führt der Einsatz dieses Hilfsmittels zur Reduktion des Komplikationsrisikos und zur Erhöhung der Patientenzufriedenheit.
Ein mehrseitiges Dokument ist ausgearbeitet worden, welches das Standardverfahren für das Legen von peripheren Venenkathetern unter Ultraschallkontrolle detailliert beschreibt und dazu dient, die Qualität und die Sicherheit zu fördern.
Dieses Protokoll dient ebenfalls als Referenz für die Schulung der Pflegefachpersonen und Assistenzärztinnen/Assistenzärzte. Es wird im vorgegebenen Rahmen des Verhaltenskodex, gemeinsam mit dem Schulungsheft, der Skala A-DIVA (Adult Difficult Intravenous Access Scale) und dem Evaluationsformular der Praxis für die Ausbildner eingesetzt.

Über den Autor/die Autorin

Joakim Faiss

Journaliste - Collaborateur spécialisé en communication