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Doktor, ich gerate grundlos ausser Atem

Unerklärliche Atemprobleme? Vielleicht leiden Sie, wie rund 10% der Bevölkerung, an einer chronischen Hyperventilation. Erfahren Sie mehr über diese Erkrankung, die vorwiegend junge Leute betrifft. Gespräch mit Stéphanie Vaudan, Physiotherapeutin im Spital Wallis, Standort Martinach, spezialisiert für die Behandlung des Hyperventilationssyndroms:

Was ist das chronische Hyperventilationssyndrom?

Stéphanie Vaudan, Physiotherapeutin im Spital Wallis, Standort Martinach

Es handelt sich um eine übermässige Atmung, die das Bedürfnis des Organismus übersteigt. Die Lunge ist gesund, aber die Art der Atmung ist gestört: die Menge der eingeatmeten Luft und/oder die Häufigkeit der Atmung ist erhöht, obwohl die betroffene Person das Gefühl hat, zu wenig Luft zu bekommen.

Obwohl diese Erkrankung oft verharmlost wird und aufgrund ihrer vielfältigen Symptome schwer zu diagnostizieren ist, kommt sie häufig vor und kann die Ursache eines grösseren Unbehagens bilden, welches sich auf das soziale und berufliche Leben auswirkt.

Dieses Syndrom wird oft durch Stress oder Angstzustände ausgelöst. Auch eine schlechte Atmung nach einem früheren oder aktuellen Lungenproblem (zum Beispiel Asthma) kann zu diesem Syndrom führen.

Welche Symptome treten beim Hyperventilationssyndrom auf?

Bei einer übermässigen Atmung wird das Gleichgewicht der Atemgase im Blut beeinträchtigt. Dieses «unausgewogene» Blut verteilt sich im gesamten Organismus und führt so zu einer Vielzahl von Symptomen, die den ganzen Körper betreffen können:

  • Atemwegssymptome: Gefühl fehlender Luft, Gefühl, die Lungen nur schwer vollständig füllen zu können, häufiges Seufzen und/oder Gähnen, Atemnot
  • Neurologische Symptome: Kribbeln, Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Schwindel, Sehstörungen, Gefühl von Hitze oder Kälte
  • Herz-Kreislauf-Symptome: Herzklopfen, Brustschmerzen, Engegefühl in der Brust
  • Muskuläre Symptome: Krämpfe, Muskelschmerzen
  • Verdauungssymptome: Blähungen, Luftschlucken, Reflux, Übelkeit

Diese Symptome treten oft schwankend auf, das heisst, sie können zeitweise abwesend und zeitweise intensiv sein. Sie können auch ausschliesslich bei einer Anstrengung auftreten. Bei einer akuten Hyperventilationskrise verstärken sich diese Symptome sehr rasch und können manchmal zu einem Unwohlsein oder gar zu Todesangst führen.

Kann man Hyperventilation behandeln?

Für das chronische Hyperventilationssyndrom gibt es keine medikamentöse Behandlung. Die Behandlung der Angstzustände (durch Medikamente oder eine Therapie) kann helfen. Auch Entspannungsübungen können nützlich sein. Gegenwärtig ist die Physiotherapie die erfolgversprechendste Behandlung. Allerdings ist diese Art der Behandlung noch relativ unbekannt und wird selten eingesetzt.

Worin besteht genau die Behandlung durch Physiotherapie? 

Sobald ein Pneumologe die Diagnose gestellt hat, kann der Patient von einer Atemtherapie profitieren. Das Ziel dieser Behandlung besteht in einer Atmung, welche an die Bedürfnisse des Körpers angepasst ist.

Vorerst wird dem Patienten genau erklärt, was eine Hyperventilation ist und wie sie funktioniert. Anschliessend muss sich der Patient seiner übermässigen Atmung bewusst werden, damit er sie willentlich reduzieren kann. Damit werden die Symptome gelindert oder sie verschwinden sogar ganz. Schliesslich muss diese neue Art der Atmung automatisiert werden, um dauerhafte Ergebnisse zu erzielen.

Die Hauptschwierigkeit der Behandlung besteht in der Tatsache, dass das Gefühl des Patienten (Luftmangel) nicht der physiologischen Realität (übermässige Atmung) entspricht. So hat der Patient am Anfang Mühe, seine Atmung zu reduzieren.

Vor kurzem ist in Zusammenarbeit mit der Abteilung Pneumologie des Spitalzentrums des französischsprachigen Wallis (CHVR) ein neues Spezialprogramm entwickelt worden: « Pour en finir avec le SHV ». Dieses Programm umfasst therapeutische Ateliers in Gruppen sowie eine individuelle Behandlung durch Therapeuten, die in diesem Bereich spezialisiert sind. Um in dieses Programm aufgenommen zu werden, ist eine vorgängige Evaluation durch einen Pneumologen erforderlich.

Diese Ateliers finden auf Anmeldung jeweils am Mittwochvormittag von 8 bis 9.30 Uhr im Spital Martinach statt:

  • Atelier Nr. 1: « Comprendre le SHV »
  • Atelier Nr. 2: « Vous ne manquez pas d’air ! » oder wie man mit den Symptomen umgehen kann
  • Atelier Nr. 3: « Soufflons un peu ! » oder wie man mit seinem Stress und seinen Angstzuständen umgehen kann
  • Atelier Nr. 4: « Respirer moins mais mieux ! » oder wie man normal atmet

Die individuellen Physiotherapiesitzungen im Anschluss an die Ateliers finden ebenfalls im Spital Martinach statt.

«Ich kenne diese Symptome. Was kann ich tun?»

Sprechen Sie im Zweifelsfall mit Ihrem Arzt oder einem Pneumologen. Dieses Syndrom beeinträchtigt die Lebensqualität zahlreicher Personen während vieler Jahre. Die Behandlung durch Physiotherapie kann sich sehr positiv auswirken.

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Über den Autor/die Autorin

Malika Storelli

Collaboratrice spécialisée en communication

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