Das Spitalzentrum Oberwallis (SZO) beteiligt sich seit Januar 2023 aktiv an einer nationalen multizentrischen Studie des Clarunis Forschungsnetzwerks Basel. Bei der sogenannten EOCC-Studie (Early Onset Colorectal Cancer) werden Behandlungen von Darmkrebspatienten mit Fokus auf junge Menschen unter 50 Jahren untersucht. Die ersten Erkenntnisse wurden während des „Darmmonats März“ in Visp präsentiert. Das SZO bedankt sich herzlich beim Verein Bärgüf für die finanzielle Unterstützung, die die Durchführung der Studie im Oberwallis ermöglicht hat.
Der „blaue März“ ist der internationale Sensibilisierungsmonat für Darmkrebs, die viert häufigste Krebserkrankung mit 4500 Neuerkrankungen jährlich und mit 1650 Menschen die dritthäufigste Todesursache in Zusammenhang mit Krebs in der Schweiz. Somit wollten auch der Studienleiter des SZO, Dr. med. Thomas Simon, die Vertreterinnen und Vertreter des Studienteams am SZO, der Studienleiter des Clarunis Netzwerks Basel, PD Dr. med. Marco von Strauss, sowie die Delegierten des Vereins Bärgüf die ersten Resultate und Trends der EOCC-Snapshot-Studie während des Darmmonats März vorstellen.
Klinische Forschung für eine bessere Behandlungsqualität am SZO
Einleitend betont Dr. med. Reinhard Zenhäusern, ärztlicher Direktor des SZO und Onkologe, den Stellenwert solcher Forschungsarbeiten. „Die Beteiligung des SZO als mittelgrosses, peripheres Spital an Forschungsprojekten und Studien ist wichtig für unsere Institution und das Oberwallis, einerseits für die Fachpersonen am SZO und andererseits als Ausbildungsspital für die jungen Ärztinnen und Ärzte. Die Teilnahme an der klinischen Forschung ist auch ein Qualitätsmerkmal und zielt darauf ab, in der täglichen klinischen Arbeit die Behandlungsqualität zu verbessern: evidenzbasierte wirksame Behandlungen und Nachsorge, basierend auf klinischen Daten.“
Es brauche aber eine Infrastruktur und Ressourcen für die klinische Forschung, weiss der ärztliche Direktor. „Das SZO hat hierfür vor einigen Jahren ein Clinical Research Center geschaffen mit multiprofessionellen Fachpersonen für die ärztliche und die Pflegeforschung. Bei non-profit Studien, wie die EOCC-Studie, geht es darum, Wissen und Hypothesen zu generieren. Das Spital ist dabei auf externe finanzielle Mittel angewiesen. Bärgüf ist ein aktiver Spendenverein im Bereich von Krebserkrankungen, und dank der finanziellen Unterstützung konnte auch das Oberwallis an der Studie teilnehmen.“
Die Versorgung junger Krebspatientinnen und -patienten optimieren
Mit der Etablierung des Konzeptes „Krebsbehandlung von jungen Patientinnen und Patienten im Oberwallis“ soll eine bestehende Erfassungs- und Versorgungslücke geschlossen werden. „Der Fokus richtet sich auf junge Menschen unter 50 Jahren, da man die letzten 10 Jahre weltweit einen signifikanten Anstieg von Dick- und Enddarmerkrankungen bei jüngeren Patienten registriert und die Sterblichkeitsrate ebenso eine steigende Tendenz zeigt. Bei älteren Menschen nimmt beides deutlich ab, dies sicher aufgrund der besseren und häufigeren Vorsorgeuntersuchungen“, erklärt der Studien- und Klinikleiter Chirurgie/Urologie des SZO, Dr. Simon.
Stuhl im Blut sind nicht unbedingt Hämorrhoiden
Der Zweck dieses Projekts sei es, die Krebsfrüherkennung und die Behandlungsergebnisse bei jungen Menschen mit einem kolorektalen Karzinom zu verbessern. Im Rahmen der EOCC-Snapshot-Studie wird die Identifikation von häufigen Symptomen und entsprechenden diagnostischen Massnahmen im Vergleich zu älteren Patienten (> 50 Jahre), welche zur Diagnose führen, angestrebt. Weiter versucht man neben der Erfassung von quantitativen Daten, durch Interviews mit Patientinnen und Patienten ein umfassenderes Verständnis zu Symptomen und der Diagnostik zu erhalten.
Dr. Simon differenziert auch, dass „bei Menschen im Alter von Mitte 20, die an Krebs erkranken, nebst der Gefahr daran zu sterben, die Erkrankung einen ganz anderen Einfluss und eine andere Auswirkung auf deren Leben und ihren Alltag hat, als bei älteren Menschen. Die Studie soll auch klären, warum junge Menschen an Darmkrebs erkranken, und welche Diagnostik- und Therapiemöglichkeiten es braucht und ob sich diese gegenüber älteren Patienten unterscheidet.“
Die Hauptanzeichen, die bei jungen Menschen auftreten können und dringend ernst genommen werden müssen, sind neue Bauchschmerzen, Stuhlunregelmässigkeiten und das Auftreten von Blut im Stuhl.
Der Facharzt mahnt, dass Symptome wie neu auftretende Bauchschmerzen, Stuhlunregelmässigkeiten und Blut im Stuhl die wichtigsten Symptome bei jungen Menschen seien, die man sehr ernst nehmen muss. Die Ursache für die Erkrankung sei bei jungen Menschen oft unklar. Genetische Vorbelastungen, Risikofaktoren wie übermässiger Alkoholkonsum, Rauchen oder schlechte Ernährungsgewohnheiten gehören dazu.
Bärgüf hilft!
René Wellig, Kommunikationsleiter, betont die Wichtigkeit für den Verein Bärgüf, neben der Hilfe für direkt betroffene Krebspatientinnen und -patienten auch Projekte wie die EOCC-Studie, die auf eine bessere Vorsorge und frühzeitige Screening abzielen, zu unterstützen.
Erste Studienerkenntnisse von PD Dr. med. Marco von Strauss
Die Interimsanalyse der Studienleitung der EOCC-Snapshot-Studie, Clarunis Basel, hat gezeigt, dass „die Symptomatik bei Patienten unter 50 Jahren stärker auf Blut im Stuhl und die Veränderung der Darmgewohnheit fokussiert. Wir sehen so, dass auch hier früher abgeklärt werden muss, ob ein Dick- oder Mastarmkrebs hinter den Beschwerden stecken könnte.”
Bei den Interviews mit den Patienten wurden auch die individuellen Eindrücke untersucht und gesammelt. „Bei jüngeren Patientinnen und Patienten steht die Betroffenheit des sozialen Umfelds sehr stark im Vordergrund. Sie haben noch Kinder zu versorgen und sind beruflich aktiv.” Dr. Strauss stellt fest, dass die Behandlung und die Verarbeitung der Krankheit im Kontext dieses grossen sozialen Netzwerkes bei den jüngeren Patientinnen und Patienten noch nicht genügend berücksichtigt wird.
Die Early Onset Colorectal Cancer (EOCC) Snapshot Studie läuft noch bis voraussichtlich Sommer 2024 weiter. Schweizweit sind aktuell 492 Fälle registriert und bis Ende der Studie wünscht man 650 Teilnehmende zu erreichen. „Seitens des SZO wurden seit der Lancierung im Januar 2023 40 Patientinnen und Patienten ab 18 Jahren mit einem Kolon- oder Rektumkarzinom eingeschlossen”, freut sich Sophie Brunner, Pflegeexpertin und Studienkoordinatorin am SZO. „Die grosse Bereitschaft unserer Patientinnen und Patienten mitzumachen zeigt auch die grosse Solidarität aktiv zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung im Oberwallis beizutragen.”
Das Studienteam und die Direktion des SZO bedanken sich an dieser Stelle ganz herzlich bei den teilnehmenden Patientinnen und Patienten aus dem Oberwallis.