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Kinder: Angst vor Arzt und Spital?

Das Spitalzentrum Oberwallis organisiert jeweils im November ein Teddybär-Spital in seiner Kinderabteilung am Standort Visp. Kindergarten- und Schulkinder können ihr Plüschtier von den sogenannten «Dr. Teds» untersuchen und behandeln lassen. Der spielerische Parcours ermöglicht den Kindern einen Einblick in den Spitalalltag. Hauptziel: Die Angst vor Arzt- und Spitalbesuchen abzubauen.

«Mein Einhorn Michaela hat sogar einen Gips gekriegt», erzählt das Kindergartenmädchen Cassandra mit leuchtenden Augen. Die Palette von Plüschtierpatienten im Spital Visp geht vom Einhorn über Igel, Panda, Ratte und den bewährten Braunbären bis hin zu Spiderman. Im Zentrum der motivierten Medizinstudenten und -studentinnen, der Dr. Teds, und der Kinder steht die umfassende Behandlung des Plüschpatienten, u.a. Blutabnahme, Herz abhören, Röntgen, MRI, Wundpflege und Gipsen. Mit einem spannenden Halbtag im Teddybär-Spital können Kindern und Eltern später viele Tränen, Sorgen und Leiden erspart werden.

Wie erlebt Simon Fluri, Chefarzt der Kinderabteilung am Spitalzentrum Oberwallis, die Angst seiner kleinen Patientinnen und Patienten?  

Wovor haben Kinder generell am meisten Angst: vor Untersuchungen oder Behandlungen wie Spritzen und Nähen? Vor kleinen oder grossen operativen Eingriffen und der Narkose?

«Ich würde sagen, die Kinder haben Angst vor unbekannten Situationen, fremden Personen, und davor, sich plötzlich ausziehen zu müssen. Dann kommt natürlich die Angst vor der Trennung von den Eltern, etwa wenn es Richtung Operationssaal geht. Die Angst vor Schmerzen ist sicher das verbreiteste Phänomen.

Eine für Kinder spezielle Situation ist die Tatsache, dass sie im Jetzt leben. Haben sie jetzt Angst oder Schmerzen, so bringt es nichts, ihnen zu sagen, morgen tut es nicht mehr weh. Als Kinderärzte müssen wir darauf achten, dass der aktuelle Moment für sie möglichst wenig traumatisierend ist.»

Ist diese Angst angeboren oder stammt sie von ersten schlechten Erlebnissen, die das Kind geprägt haben?

«Beides. Erstens ist die Angst ein angeborener Schutzmechanismus, der uns vor Gefahren schützt. Hätte der Mensch gar keine Angst, so könnte er wahrscheinlich nicht überleben.

Zweitens kann diese Angst positiv oder negativ beeinflusst werden. Nach einem schmerzhaften Eingriff lässt sich ein Kind zum Teil nicht mehr untersuchen. Deshalb ist es wichtig, die Schmerzen so gut wie möglich zu bekämpfen.»

Wie versuchen Sie als Kinderarzt, den jungen Patienten die Angst zu nehmen: mit Worten oder einer Gestik?

«Wichtig ist es, mit dem Kind zu sprechen und es mit Worten, welche es verstehen kann, gut auf einen geplanten Eingriff wie eine Spritze etc., vorzubereiten. Dann versuche ich, die Kinder von der Spritze abzulenken; das heisst aber nicht, dass man sie anschwindelt. Wenn wir eine Spritze machen, sage ich nie, dass es keine gebe. Aber ich muntere sie auf, zum Beispiel stark zu Husten, damit sie den Einstich weniger spüren.»

Wie können Eltern die Kinder auf den Arzttermin oder den Spitalaufenthalt vorbereiten?

«Viele Eltern benutzen zuhause ein Bilderbuch oder einen Spiel-Doktorkoffer zur Vorbereitung des Kinderarztbesuches. Ich kann nachher daran anknüpfen und so gelingt die Untersuchung oft mit einem lachenden Kind. Erstaunlich, aber wahr: Es wird bei fast jeder Konsultation auch gelacht.»

Welche weiteren pädagogischen Mittel oder Methoden gibt es oder welche setzen Sie in Ihrem Alltag im Spital in Visp ein, um den Kindern die Angst zu nehmen, beziehungsweise diese zu reduzieren?

«Das Teddybär-Spital ist ein sehr nützliches, pädagogisches Werkzeug. Viele Kinder kommen später auf den Notfall und wissen schon, wie es läuft und sagen uns, ich habe jetzt keine Angst mehr!

In der Kinderabteilung in Visp haben wir ein sehr innovatives Projekt. Der Künstler, Pascal Seiler aus Gampel, hat uns mit Kiko ein Spitalmaskottchen entworfen, welches mit der Technik der virtuellen Realität zu den Kindern sprechen kann und sie über bevorstehende Eingriffe aufklärt, ihre Ängste aufnimmt. Diese Technologie ist auch eine Grundlage für das Gespräch Kind-Eltern.

Daneben haben wir zahlreiche Bücher und Puppen, die uns helfen, wichtige Themen mit den Kindern zu besprechen. Für die Blutentnahmen gibt es ebenfalls technische Methoden mit kleinen vibrierenden Tierchen, welche die Schmerzen reduzieren können. Schmerzbekämpfung steht wirklich an oberster Stelle in der Kindermedizin.»

Wir alle waren einmal Kinder. Wovor hatten Sie am meisten Angst?  

Lorena Oggier aus Turtmann, Medizinstudentin an der Uni Bern, Mitglied des Organisationskomitees des Teddybär-Spitals Bern

«Eigentlich keine, da ich einen wundervollen Kinderarzt hatte, der mich immer ideal auf die Untersuchungen vorbereitete. Wenn ich weitersuche, kann ich vielleicht das Röntgen nennen. Man ist hier ganz allein im Raum, halb ausgezogen, und wartet auf ein Kommando: stillhalten fürs Bild. Heute ist diese Angst, oder besser gesagt dieses Unbehagen, natürlich weg.»





Christine Brigger, Klinikassistentin Klinik Frau-Kind SZO, Organisation des Teddybär-Spitals im Spital Visp


«Die spitze Nadel und der Einstich der Spritze hatten es in sich. Heute ist diese Angst bewältigt, weil ich weiss: es ist für etwas Gutes, für meine oder die Gesundheit anderer, sei das bei einer Blutabnahme oder Impfung.»







Dr. Simon Fluri, Abteilungsleiter Pädiatrie der Klinik Frau-Kind, SZO


«Sicher vor den Spritzen. Auf den Stich bei der jährlichen Grippeimpfung freue ich mich auch heute noch nicht. Ich habe aber auch eine gute Spitalerinnerung. Mit 3 Jahren hatte ich meinen Finger gebrochen und musste nach der OP ein paar Tage im Spital bleiben. Ich erinnere mich noch genau an die leckere Schokoladencreme, die es jeweils zum Dessert gab.»




Teddybär Spital Bern zu Besuch im Spital Visp

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Über den Autor/die Autorin

Diana Dax

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Francesca Genini-Ongaro

Collaboratrice spécialisée en communication

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