Die Alzheimer-Erkrankung wurde erstmals 1906 von Aloïs Alzheimer (daher der Name der Krankheit) bei einer 51-jährigen Patientin beschrieben, die unter Gedächtnisverlust, Sprach- und Verhaltensstörungen litt.
Heute sind im Wallis rund 5’900 Personen von Alzheimer oder einer anderen Form von Demenz betroffen und jedes Jahr werden gegen 1’000 neue Fälle diagnostiziert.
Dr. Oana Simionescu, Leitende Ärztin der Abteilung Neurologie, beantwortet einige Fragen zu dieser Krankheit.
Was ist Alzheimer?
Alzheimer ist eine neurodegenerative Erkrankung mit einem progressiven Absterben der Nervenzellen. Sie führt vor allem zu Gedächtnisverlust, manchmal auch zu Sprach- oder Verhaltensstörungen (zum Beispiel Antriebsschwäche, Reizbarkeit, Unruhe und Aggressivität). Die Alzheimer-Erkrankung ist sehr komplex und führt zu einer Reihe von pathologischen Veränderungen. Das Absterben der Nervenzellen erfolgt aufgrund einer Ansammlung von anormalen Proteinen im Gehirn (Beat-Amyloid-Protein, Tau-Protein). Die neusten Studien erwähnen, dass wahrscheinlich auch andere Elemente an diesem Absterben der Nervenzellen beteiligt sind (zum Beispiel Entzündungsprozesse). Dank der Forschung weiss man heute, dass die Schädigungen der Hirnzellen bereits 15 bis 20 Jahre vor dem Auftreten der ersten Symptome beginnen.
Welche Risikofaktoren sind bekannt?
Heute kennen wir mehrere Faktoren, welche die Entwicklung der Erkrankung beeinflussen:
- Das Alter: Diese Erkrankung kommt häufig bei älteren Menschen vor, sie kann aber auch bei jüngeren Menschen auftreten.
- Die genetische Veranlagung: Bei rund 1 % der Fälle ist die Erkrankung auf Mutationen bestimmter Gene zurückzuführen. Hier liegt eine «familiär bedingte Form» der Erkrankung vor, die sich bereits vor dem 60. Altersjahr entwickelt. Die meisten Erkrankungen treten jedoch erst ab dem 65. Altersjahr auf und haben einen multifaktoriellen Ursprung. In diesen Situationen ist nicht ein spezifisches Gen für die Erkrankung verantwortlich. Man spricht dann von einer genetischen Veranlagung. Hier führt das Zusammenspiel gewisser Genvarianten zu einem erhöhten Risiko für eine Alzheimer-Erkrankung.
- Das Vorhandensein mehrerer Risikofaktoren: genetische Veranlagung, sozialökonomische Faktoren, Ernährungsweise, Herz-Kreislauf-Faktoren (Diabetes, Bluthochdruck, Hypercholesterinämie, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Fettleibigkeit, Rauchen), Bewegungsmangel.
Wie kann man Alzheimer vorbeugen?
Dank der wissenschaftlichen Studien weiss man heute, dass eine gute körperliche und geistige Verfassung das Risiko einer Alzheimer-Erkrankung oder anderer neurodegenerativer Erkrankungen vermindert. Wir können dafür sorgen, dass unser Gehirn in Form bleibt. Unser Lebensstil beeinflusst auch den Zustand unseres Gehirns. Eine Ernährung, die das Herz schützt, wirkt sich ebenfalls positiv auf unser Gehirn aus. Deshalb wird eine mediterrane Ernährung empfohlen. Wir können unser Gehirn mit einem aktiven Sozialleben und kognitiven Tätigkeiten (z.B. Schach, Memory, Scrabble, usw.) stimulieren. Zahlreiche Studien belegen, dass der Abbauprozess bei Personen, die geistig aktiv bleiben, später einsetzt.
Welche Behandlungen gibt es?
Bislang ist eine Heilung der Alzheimer-Erkrankung nicht möglich. 2021 ist in den USA der Wirkstoff Aducanumab, ein monoklonaler Antikörper, vorübergehend und unter gewissen Voraussetzungen für die Behandlung bei beginnender Alzheimer-Erkrankung zugelassen worden. Mit dieser Behandlung kann die Entwicklung der Erkrankung verzögert oder verhindert werden. In Europa und in der Schweiz ist die Behandlung nicht zugelassen. Es werden noch weitere Studien betreffend die Wirkung und die Nebenwirkungen abgewartet.
Die Medikamente, mit denen die Erkrankung gegenwärtig behandelt wird, sind sogenannte Antidementiva. Sie erleichtern im Gehirn die Übertragung der Informationen zwischen den Nervenzellen und können vorübergehend die kognitiven Funktionen verbessern. Vor Beginn der Behandlung muss natürlich sichergestellt werden, dass keine Kontraindikation besteht. Zudem müssen der Patient und sein Umfeld über die möglichen Nebenwirkungen informiert werden. Diese Art von Behandlung wird üblicherweise nach einer Spezialsprechstunde in einer Memory Clinic verschrieben. In dieser Sprechstunde werden allfällige psychische Störungen (instabile Gemütslage) oder Verhaltensstörungen (Depression, Apathie, Reizbarkeit, Halluzinationen) besprochen. Nicht-medikamentöse Behandlungen (z.B. Ergotherapie, Physiotherapie, Logopädie, Kunsttherapie, Musiktherapie, Tanztherapie, usw.) werden allein oder kombiniert mit der medikamentösen Behandlung eingesetzt, um die bestehenden Fähigkeiten zu unterstützen, die Umgebung anzupassen und die psychologischen Symptome zu lindern. Sie werden auch zum kognitiven Training genutzt.
Ich habe Gedächtnisstörungen. Was kann ich tun?
Wenn Sie befürchten, unter Gedächtnisverlust zu leiden, sprechen Sie mit Ihrem Hausarzt darüber. Gegebenenfalls organisiert er eine Spezialsprechstunde in einer Memory Clinic. Diese Sprechstunde ermöglicht eine multidisziplinäre Versorgung, eine Diagnose auf der Grundlage von ergänzenden Untersuchungen und individuell angepasste Behandlungen. Diese Bilanz kann Sie aber auch vollkommen beruhigen!
Memory Clinic im Spital Wallis
Für das französischsprachige Wallis verfügt das Spital Wallis seit Ende 2011 über eine multidisziplinäre Memory Clinic in Siders. Sie ist aus der Fusion der neurologischen Sprechstunde von Sitten, der Geriatrie von Siders sowie der Klinik Saint-Amé in Saint-Maurice entstanden. Im Oberwallis befindet sich die Memory Clinic seit 2005 im Psychiatriezentrum des Oberwallis in Brig. Das Zentrum bildet Bestandteil des Departements Psychiatrie für ältere Menschen. Das multidisziplinäre Zentrum bietet Sprechstunden über das Gedächtnis und die Folgen von Erkrankungen wie Alzheimer an. Es kann auf die Mitarbeit eines Neurologen, eines Geriaters, eines Neuropsychologen, eines Psychogeriaters und von Sozialberatern der Pro Senectute zählen. Nicht zu vergessen ist die Unterstützung durch die Neuroradiologie und die Nuklearmedizin. Das ermöglicht eine umfassende Diagnose, eine Hilfestellung bei der Patientenversorgung in Zusammenarbeit mit den Hausärzten und die Organisation eines Supports für die Angehörigen. Damit werden Krisensituationen verhindert, Massnahmen antizipiert und Patienten in Koordination mit den Hausärzten betreut, damit sie so lange wie möglich zu Hause bleiben können. Dazu wird die Unterstützung der sozialmedizinischen Zentren (SMZ) und der Tageszentren benötigt. Bei hospitalisierten Patienten und manchmal auch bei Patienten in Pflegeheimen (APH) können ebenfalls Spezialsprechstunden angeboten werden.
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