Prävention & Beratung

Benzodiazepine: mit Mass einzusetzen

Benzodiazepine sind besser bekannt unter den Bezeichnungen Valium, Xanax oder Lexotanil. In Frankreich werden jede Sekunde vier Schachteln davon verkauft! In der Fachzeitschrift ’’The British Medical Journal’’ ist allerdings darauf hingewiesen worden, dass die regelmässige Einnahme von Benzodiazepinen das Demenzrisiko erhöhen würde.
Bei einem langfristigen Konsum könnte sich diese Art von Medikamenten also schädigend auswirken.
Erläuterungen von Nicolas Donzé, Toxikologe im Spital Wallis, Zentralinstitut der Spitäle

Die Verschreibung von Benzodiazepinen

Diese Medikamente sind bekannt für ihre Wirksamkeit bei der Behandlung von Beschwerden unserer aktuellen Gesellschaft: Sorgen, Stress, Angstzustände, Schlaflosigkeit, usw.

Das Wirkspektrum der Benzodiazepine erstreckt sich hauptsächlich auf fünf Bereiche:

  1. Anxiolyse: Lösen von Angst
  2. Beruhigung und Schlaf: Verbesserung des Schlafs
  3. Antikonvulsiv: Prävention gegen Krämpfe
  4. Muskelrelaxation: Muskelentspannung
  5. Amnesierend: trägt zu Gedächtnisverlust bei

Auch wenn die Medikamente effizient bei der Behandlung der Symptome eingesetzt werden können, vermögen sie die Ursache des Problems nicht zu beseitigen.

Nicolas Donzé, Toxikologe im Spital Wallis

Benzodiazepine, ein kontrovers diskutiertes Thema

Seit ihrer Einführung ist über Benzodiazepine kontrovers und sehr polarisierend diskutiert worden. Für gewisse Kreise sind sie wirksam und sicher, wenn der Patient die ärztliche Verordnung korrekt einhält. Für andere Kreise stellen sie im Gegenteil ein grosses Risiko für Abhängigkeit und missbräuchlichen Konsum dar. Zahlreiche neue Studien weisen unerwartete Folgen des Konsums von Benzodiazepinen, zum Beispiel kognitive und psychomotorische Probleme, nach.

Trotz der Weisungen zur Förderung eines vernünftigen Einsatzes ist bei der Einnahme von Benzodiazepinen zusätzliche Vorsicht geboten, insbesondere in Bezug auf die Dauer der Verordnung. Diese Medikamente bleiben natürlich auf therapeutischer Ebene trotzdem sehr interessant. Aber wie üblich, ist in der Toxikologie das Prinzip der Dosierung grundlegend. Das Verhältnis zwischen Risiko und Nutzen der Benzodiazepine bleibt bei einer kurzen Einnahmedauer (2 bis 4 Wochen) für die meisten Patienten positiv. Eine länger als vier Wochen dauernde Einnahme scheint mit zahlreichen Risiken einer physischen Abhängigkeit und einer Suchtgefahr verbunden zu sein.

Die Bevölkerungsgruppe, die geschützt werden muss

Eine besonders sensible Bevölkerungsgruppe stellen die älteren Menschen dar, denen oft Benzodiazepine verschrieben werden. In dieser Altersgruppe werden häufig folgende Auswirkungen des Konsums von Benzodiazepinen beobachtet:

  • Somnolenz
  • Instabilität
  • Ataxie (Störungen in der Bewegungskoordination)
  • Gedächtnisstörungen

Diese schädlichen Auswirkungen treten besonders bei hohem Konsum und gleichzeitiger Einnahme anderer psychotroper Medikamente (Neuroleptika, Antidepressiva, Analgetika, unerlaubte Beruhigungsmittel, usw.) und/oder von Alkohol auf.

Zudem ist der ältere Mensch vermehrt sturzgefährdet. Dieses Risiko nimmt mit der Einnahme von Benzodiazepinen zu, da sie den Gleichgewichtssinn beeinträchtigen können. Ein anderes Problem stellt der Stoffwechsel dieser Bevölkerungsgruppe dar. Die Eliminierung der Medikamente dauert nämlich mit zunehmendem Alter länger als in jungen Jahren. Deshalb wird die Ansicht vertreten, dass ihnen vorsichtshalber die Hälfte der normalerweise empfohlenen Behandlungsdosis verschrieben werden sollte.

Unter dem Einfluss von Benzodiazepinen ein Fahrzeug lenken

Wie zahlreiche andere psychotrope Medikamente beeinträchtigen auch die Benzodiazepine die Fahrtüchtigkeit. Bei älteren Menschen kann häufiger die Funktion des Frontalhirns ausgeschaltet werden. Dieser Teil des Gehirns hilft uns einzuschätzen, ob unsere Handlungen vernünftig sind oder nicht. Manchmal sind auch extrem gefährliche paradoxale Reaktionen zu beobachten. Es handelt sich insbesondere um einen Rauschzustand, begleitet von Enthemmung mit sehr aggressivem Verhalten, sowie um anterograde Amnesie. So fährt der Fahrzeuglenker ohne die Funktion seines Frontalhirns (dem Verstand) und ohne Gedächtnis wie ein Zombie. Man kann sich vorstellen, welche Gefahr ein solcher Fahrzeuglenker auf der Strasse darstellt!

Benzodiazepine: ein Weg in die Sucht?

Immer mehr Studien legen den Schluss nahe, dass die Einnahme von Benzodiazepinen über längere Zeit ein Suchtverhalten fördert. Beim abrupten Absetzen oder bei einer geringeren Dosierung von Benzodiazepinen sind sogar nach einer kurzen Einnahmedauer (3 bis 4 Wochen) verschiedene Entzugssymptome zu beobachten. Am häufigsten treten folgende Anzeichen auf:

  • Schlaflosigkeit
  • Magenprobleme
  • Zittern
  • Erregung
  • Angst
  • Muskelkrämpfe
  • Weniger häufig: grössere Reizbarkeit, stärkeres Schwitzen, Überempfindlichkeit auf Reize, Depression, suizidäres Verhalten, suizidäre Gedanken, Psychose, usw.

Um das Auftreten dieser Symptome zu verhindern, müssen Benzodiazepine schrittweise abgesetzt werden. Das kann mehrere Wochen bis einige Jahre dauern.

Eine Reflexion ist notwendig

In der Welt der Medizin wird der Einsatz der Familie der Benzodiazepine überdacht. Auch wenn man das Kind nicht mit dem Bad ausschütten sollte, muss man wissen, dass die Einnahme eines Medikaments nie harmlos ist.

Benzodiazepine können helfen, die Fessel zu lösen, die uns am Boden festhält. Aber kann die Lust, sich frei entfalten zu können, wieder zu reisen, im Leben vorwärtszukommen, dank der Benzodiazepine ebenfalls wieder geweckt werden? Eine Reflexion ist notwendig.

Den vollständigen Artikel von Nicolas Donzé finden Sie hier (auf Französisch).

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