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Die Hypnose im Spital ist eine ausgezeichnete Möglichkeit, die Pflegebeziehung menschlicher zu gestalten

Hypnose

Die Freisetzung des gesamten therapeutischen Potenzials der zwischenmenschlichen Beziehung durch die Hypnose im Spital; das ist der Zweck von Prof. Eric Bonvin, Psychiater und Generaldirektor des Spital Wallis. Diese Therapieform ist in der Institution bereits vor mehr als fünf Jahren eingeführt worden. Sie findet bei den Pflegenden grossen Anklang und hat sich bewährt, um Patienten in Notlagen dabei zu helfen, ihre schwierigen Situationen zu bewältigen.
Erklärungen zu dieser besonderen Praxis durch Prof. Bonvin.

Was ist Hypnose im Spital?

Die Hypnose ist ein Rahmen und eine Beziehungsform, mit denen eine Person bei der Transformation ihrer unmittelbaren Wahrnehmungen durch eine präzisen Absicht, hier die Absicht der Linderung des Leidens, begleitet werden kann. In der Medizin und im Spital ermöglicht die Hypnose, vom Patienten schwer zu ertragende Wahrnehmungen wie Schmerz, Angst oder schwierige Vorstellungen, zu lindern.

Die «Technik» der Hypnose hat an sich keine Wirkung. Nicht die Technik, sondern der Patient selbst wandelt diese Wahrnehmungen um. Der «Hypnotiseur» hat keine spezifische Macht, er ist nur ein wohlwollender Begleiter.

Weshalb wird diese Praxis im Spital Wallis angewandt?

Prof. Eric Bonvin
Prof. Eric Bonvin

Die aktuelle Medizin, vor allem die Spitalmedizin, befasst sich mehr mit der Behandlung von Krankheiten als mit der Pflege der Kranken. Aber sie kann nicht praktiziert werden, ohne zu berücksichtigen, was der Patient als Träger dieser Krankheit empfindet, ob er leidet, sich besser fühlt oder gesund wird. Zudem kann ohne ausdrückliche Erlaubnis keine Behandlung erfolgen. Ärzte und Pflegepersonen sind ausgebildet, um die Krankheit zu erklären und die Behandlung durchzuführen, aber sie haben weniger gelernt, wie man eine Person menschlich begleitet, die leidet und die Mühe hat, mit dem umzugehen, was mit ihr passiert. Die Beziehungsform der Hypnose ermöglicht dem Patienten, seine eigenen Wahrnehmungen zu leiten, die Initiative zu ergreifen und mit dem umzugehen, was mit ihm passiert. Immer mehr Pflegepersonen sind an der Hypnoseausbildung interessiert, weil sie ihnen ermöglicht, eine menschlichere Beziehung zu ihren Patienten, besonders zu Patienten in Notsituationen, aufzubauen.

Welche Bedeutung hat die Hypnose im Spital?

Gegenwärtig sind nur wenige Pflegepersonen ausgebildet, um eine Person zu begleiten, die unter starken Schmerzen leidet oder die während einer Pflege oder eines Eingriffs Panik- und Angstattacken erleidet. Wenn der Patient zum Beispiel wegen eines bevorstehenden Eingriffs in Aufregung oder Panik gerät, erlebt er eine Notsituation, so dass er unter Umständen auf die Pflege verzichtet, die er benötigt. Wenn dies passiert, muss die Pflegeperson allzu oft ihre Handlung verschieben, auf einen Psychiater oder Psychologen zurückgreifen oder die Wirkung eines schmerzlindernden oder angstlösenden Medikaments abwarten. Wenn diese Situation eintritt, fühlt sich der Patient alleingelassen und hilflos. Er erlebt eine beängstigende Notsituation. Die Pflegeperson, die mit den Beziehungsformen der Hypnose vertraut ist, erreicht den Patienten in seiner Notlage sofort und kann ihn begleiten, so dass sich seine Wahrnehmung verändert. Er kann mit der Situation, meistens sogar auf angenehme Art, umgehen und ist beruhigt. Mit anderen Worten: die Beziehungsform der Hypnose ermöglicht eine menschlichere Pflege und der in seiner Notlage isolierte Patient findet wieder eine vertrauensvolle, beruhigende Verbindung. Die Hypnose ist eine ausgezeichnete Möglichkeit, die Pflege menschlicher zu gestalten!

Kann diese Praxis bei allen Patienten eingesetzt werden?

Die hypnotische Erfahrung ist eine jedem Lebewesen innewohnende Fähigkeit. Alle verfügen über diese natürliche Fähigkeit, ihre Wahrnehmungen zu verändern, um sich den unvorhersehbaren Entwicklungen in ihrer Existenz anzupassen. Die meisten Menschen tun dies spontan, ohne die Hilfe von anderen zu benötigen. Eine Person in einer Notlage kann jedoch die Begleitung eines «Hypnotiseurs» in Anspruch nehmen und hat so die Möglichkeit, ihre Wahrnehmungen in einem sicheren und beruhigenden Rahmen zu verändern. Die Kunst des Hypnotiseurs besteht darin, den Patienten zu überwachen, damit dieser ganz natürlich auf seine Art in die hypnotische Trance eintauchen und seine Wahrnehmungen umwandeln kann. Deshalb ist jede Sitzung unterschiedlich und muss sich an den Patienten, seine Persönlichkeit, seinen Kontext und seine Erwartungen anpassen. Der Rückgriff auf ein vordefiniertes Protokoll ist nicht nur unnötig, sondern oft auch erfolglos, da es die natürlichen Fähigkeiten des Patienten, in seiner eigenen hypnotischen Trance zu leben, ersticken kann. Es ist der Patient, der seine Trance leitet, während der Hypnotiseur ihn nur begleitet und überwacht.

Gibt es Kontraindikationen?

Nein, ausser die fehlende Einwilligung oder die Weigerung des Patienten, sich auf diese Beziehungsform einzulassen, welche die Veränderung seiner Wahrnehmungen begleitet. 

Welche Vorteile für die Patienten? Und für die Pflegepersonen?

Durch die menschlichere Beziehung ermöglicht die Hypnose auch einem Patienten in einer grossen Notlage, seine eigenen Wahrnehmungen zu steuern und den Rückgriff auf Medikamente wesentlich zu senken. Gleichzeitig werden die schädlichen Folgen der Angstzustände und der Schmerzen auf die Regeneration des Körpers und die Genesung der Person im Verlauf ihrer Existenz reduziert. Für die Pflegenden ist die Hypnose eine ausgezeichnete Möglichkeit, ihre persönlichen Kompetenzen einzubringen und mit dem Patienten auch in den schwierigsten klinischen Situationen eine richtige Partnerschaft einzugehen.

Hypnosekurse im Spital

Bis heute sind 150 Personen im Spital Wallis für die Praxis der Hypnose ausgebildet worden. Jedes Jahr nehmen rund 30 Personen an den von der Institution angebotenen Hypnosekursen teil, unter der Leitung von Prof. Eric Bonvin, begleitet und ergänzt von erfahrenen praktischen Ärztinnen und Ärzten. Diese umfassende Ausbildung findet an 12 auf das Jahr verteilten Tagen statt. Sie steht allen Personen aus sämtlichen medizinischen und pflegerischen Berufen und Fachrichtungen des Spital Wallis offen. Der Schwerpunkt liegt auf der Ausbildung mehrerer Mitglieder eines Teams, um die Integration dieser Praxis in den klinischen Alltag auf kollaborative, interprofessionelle und interdisziplinäre Art zu fördern. Der Patient kann so praktisch auf seinem gesamten Behandlungspfad, zum Beispiel von der Ambulanz über die Notfallstation und den Operationstrakt bis hin zu seinem Spitalbett, von einer hypnotischen Begleitung profitieren.

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Über den Autor/die Autorin

Jessica Salamin

Collaboratrice communication - Spécialisée médias sociaux

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