Angesichts der zunehmenden psychologischen Notsituationen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie hat das Spital Wallis, zusammen mit dem Kanton, ein System des Krisenmanagements umgesetzt, um den Jugendlichen und ihren Familien eine rasche und angemessene Versorgung innerhalb des Spitals zu ermöglichen.
Die Gesundheitskrise verschlimmert Situationen, die bereits vor der Pandemie prekär waren.
Dr. Géraldine Petraglia, Leitende Ärztin der Abteilung Psychiatrie-Psychotherapie für Kinder und Jugendliche im Spital Wallis
Eine reduzierte Wartefrist
Die Verstärkung der ambulanten Psychiatrie entspricht einem realen Bedürfnis. «In normalen Zeiten müssen unsere Patientinnen und Patienten drei Wochen warten, bis sie einen ambulanten Termin erhalten», erklärt Dr. Géraldine Petraglia, Leitende Ärztin der Abteilung Psychiatrie-Psychotherapie für Kinder und Jugendliche im Spital Wallis. «Bis vor wenigen Tagen war in dringlichen Fällen eine Hospitalisation die Alternative zur Wartefrist», führt die Psychiaterin aus. «Mit diesem neuen System können wir künftig die Jugendlichen und Kinder rasch versorgen und ihnen ambulant eine angemessene Betreuung bieten».
Die gleiche Meinung herrscht im deutschsprachigen Teil des Kantons, wo Dr. Josette Huber, Leiterin der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Spitalzentrums Oberwallis, sagt, sie sei «sehr glücklich, dass der Kanton uns zusätzliche Ressourcen gewährt hat». Eine willkommene Unterstützung in einer Zeit, in der sich die Konsultationen im ambulanten Bereich innerhalb eines Jahres verdoppelt haben. «Dasselbe stellten wir bei den stationären Behandlungen fest», sagt Huber.
Ein besser zugängliches Netzwerk für psychiatrische Versorgung
Die Verstärkung der Teams für psychiatrische und pädopsychiatrische Notfälle hat uns erlaubt, in zahlreichen Situationen zu intervenieren. So hat zum Beispiel die Kinder- und Jugendpsychiatrie im Pflegesystem Notfall-Krise des Standorts Sitten seit September dieses Jahres mehr als 70 Patientinnen und Patienten betreut. Die Wartefrist für eine intensive Betreuung im ambulanten Bereich ist erheblich verkürzt worden», erläutert Alain Boson, Pflegeverantwortlicher des Pools Psychiatrie und Psychotherapie im Spitalzentrum des französischsprachigen Wallis. «Dank dieses Projekts können die Patientinnen und Patienten sowie ihre Angehörigen von einem besseren Zugang zum Walliser Netz der Psychiatriepflege profitieren», führt der Spezialist weiter aus.
Jugendliche in einer entscheidenden Phase betroffen
Angststörungen, Essstörungen und Suizidgedanken sind nur einige der festgestellten Beschwerden. Die Einschränkungen, die während der Coronavirus-Wellen verhängt wurden, haben laut Josette Huber besonders Kinder und Jugendliche getroffen. «Sie mussten ihre sozialen Kontakte massiv einschränken und auch ihren Bewegungsraum enorm verkleinern. Sie verbrachten viel mehr Zeit zu Hause. Kleine Kinder müssen sich bewegen und draussen sein können, um Erfahrungen zu sammeln. Wenn man in einer kleinen Mietwohnung lebt, ist das einfach nicht im gleichen Masse möglich wie vor der Pandemie.» Sie erinnert auch daran, dass sich Jugendliche nicht mehr so frei bewegen durften wie früher. Und das in einer entscheidenden Phase ihrer Entwicklung, in der «man sich von zu Hause ablöst und Kollegen und andere Beziehungen an Bedeutung gewinnen. Jugendliche müssen sich finden und erproben. Dafür brauchen sie Freiräume, in denen sie nicht der Kontrolle von Erwachsenen unterstellt sind.»
« Unsere Kinder sind unsere Zukunft.»
Für Dr. Huber haben Kinder und Jugendliche einen hohen Preis für die Pandemie bezahlt. «In der ersten Phase dachte man vor allem an die älteren Menschen in der Bevölkerung, und das war auch nötig und richtig so. Es brauchte etwas Zeit, bis man realisierte, was die Pandemie für Jugendliche bedeutet, die nicht mehr das Leben führen können, das ihnen eigentlich zustehen würde. Und wir dürfen nicht vergessen, dass unsere Kinder unsere Zukunft sind».
Eine immer jüngere Bevölkerungsgruppe
«Auf der Grundlage der seit eineinhalb Jahren durchgeführten klinischen Beobachtungen erwarteten wir vor allem Anfragen von Jugendlichen. Obwohl diese Bevölkerungsgruppe in Krisenzeiten tatsächlich besonders gefährdet ist, sind wir überrascht, wie viele Kinder über die neue Hotline eine psychiatrische Unterstützung anfordern. Oft rufen die Kinder an, weil die Eltern unter einem extremen Druck stehen», erklärt Dr. Géraldine Petraglia, Leitende Ärztin der Abteilung Psychiatrie-Psychotherapie für Kinder und Jugendliche im Spitalzentrum des französischsprachigen Wallis.
Das neue Pilotprojekt wird im kommenden März wieder evaluiert
Dieses neue System, das im August dieses Jahres auf Antrag des Departements für Gesundheit, Soziales und Kultur (DGSK) eingeführt wurde, ist Ende November ein erstes Mal evaluiert worden. Die Ergebnisse entsprechen vollständig den festgelegten Zielen. Das Projekt wird weitergeführt und im kommenden März wieder evaluiert.
Hotlines für psychiatrische Unterstützung:
- Französischsprachiges Wallis: 0800 012 210, verfügbar 7/7 Tage und 24/24 Std.
- Oberwallis: 027 604 36 50 (Bürozeiten) oder 027 604 33 33.
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