Unter Food Waste versteht man Lebensmittel, welche für den menschlichen Konsum produziert werden, jedoch auf dem Weg vom Produzenten bis zum Konsumenten verloren gehen oder weggeworfen werden. Auch das Spitalzentrum Oberwallis (SZO) schenkt diesem aktuellen Gesellschaftsthema grosse Bedeutung und engagiert sich, die Verschwendung von Lebensmitteln gezielt zu vermeiden oder einzudämmen.
In Zahlen
Gemäss Schätzungen der Food and Agriculture Organization (FAO) gelangen rund ein Drittel der weltweiten Lebensmittel in den Müll. «Zahlreiche Lebensmittel müssen bei uns im Spital aus unterschiedlichen Gründen wie Überproduktion oder nicht konsumierte Speisen, aber auch durch gesetzliche Vorschriften der Lebensmittelsicherheit und internen Hygieneregeln weggeworfen werden», bedauert Urs Wandeler, Leiter Gastronomie SZO. «Food Waste entsteht aber nicht nur im Spital, sondern im ganzen Lebensmittelkreislauf, von der Produktion über die Industrie und die Gastronomie bis zu den Privathaushalten». Gemäss dem Bundesamt für Umwelt wird generell mit 124 Gramm Food Waste pro Menü gerechnet. Wegen der Spitalgegebenheiten rechnet der Experte im SZO mit einem etwas höheren Anteil.
Zu «Gast» im SZO
Zu den Gästen in Spitälern gehören in erster Linie die Patienten, aber auch deren Besucher sowie die Mitarbeitenden. «Wir liefern auch Mahlzeiten zu regionalen externen Institutionen, unter anderem Sozialmedizinischen Zentren, Seniorenresidenzen und einer Kindertagesstätte. In den beiden Spitalküchen in Visp und Brig bereiten wir bis zu 1’400 Mahlzeiten pro Tag zu, insgesamt also über 400’000 Mahlzeiten im Jahr».
Genuss und Wertschätzung von Lebensmitteln
Nebst den ökologischen und wirtschaftlichen Konsequenzen ist der Lebensmittelverlust auch moralisch bedenklich. Durch die Schnelllebigkeit in unserer Zeit sei die Wertschätzung des Essens, generell des «Genusses» vor allem im Alltag gesunken, meint der Gastronomiefachmann. «Um dieser Wertschätzung Rechnung zu tragen, versuchen wir, den Patienten am SZO bildlich ausgedrückt ‘die Sonne auf den Teller zu zaubern’. Somit können wir unseren Gästen einen Moment Genuss und Freude servieren:
Das motiviert, stellt auf und gleichzeitig hilft es unseren Patientinnen und Patienten beim Gesundwerden.»
«Am SZO entstehen 75 Tonnen Food Waste: mindestens 15% davon soll reduziert werden.»
Weniger Food Waste: Wie und wo?
Nach einer umfassenden Food Waste-Erhebung am SZO im vergangenen Sommer und nach einer ausführlichen Auswertung der über 1’900 gewogenen Einheiten, wurden durch die Gastronomiemitarbeitenden des SZO gegen 110 Ideen und Massnahmen zur Minderung von Food Waste formuliert. «Unser Ziel ist es, die Lebensmittelabfälle im SZO mit einem gezielten Massnahmenkatalog um mindestens 15% zu reduzieren.»
Eine wichtige Erkenntnis ist, dass die Digitalisierung in den Küchen vorangetrieben werden muss.
«Eine moderne Produktionsplanung und deren Umsetzung basieren heute auf einer eigens zusammengestellten Rezeptdatenbank. Mit diesem Hilfsmittel können wir Food Waste reduzieren und wirtschaftliche Verbesserungen erzielen», erklärt Urs Wandeler und fügt an: «Neue, moderne Kochverfahren und Produktionsmethoden helfen ebenfalls, Überproduktion und Rüstabfälle einzudämmen.»
Patientengastronomie optimieren
Gut 50% des ganzen Food Waste fallen am SZO beim Patienten an. «Es handelt sich um nicht angerührte Menüs oder Essensreste aus den Patientenzimmern. Erklärungen dafür sind einerseits die Vorausbestellung, andererseits der wechselnde Gesundheitszustand des Patienten. Deshalb sind wir bestrebt, den Bestellprozess und das Auswahlsystem der Mahlzeiten weiter zu optimieren. Die restlichen Verluste fallen auf die Produktion in der Küche, auf die Verpflegung von externen Mahlzeiten und auf die beiden Restaurants an. Mit nur 7% Food Waste fallen «Letztere» nur gering ins Gewicht.
Die wichtigste Massnahme: «Sensibilisierung»
Sich seiner individuellen, wechselnden Bedürfnisse bewusstwerden: «Wir wollen vertieft die Thematik von Food Waste unseren Gästen und Patienten weitergeben, sie gezielt damit konfrontieren und sensibilisieren.» Gemäss Urs Wandeler sei diese Massnahme die wirkungsvollste.
Nachhaltiger Nutzen für das SZO und die Konsumenten
Eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, durch die erzielten Einsparungen sowie eine gesteigerte Wertigkeit, dank einem bewussteren Umgang mit dem Essen, sollen schon bald deutliche positive Auswirkungen der Food Waste-Massnahmen sein. «Mit einer zweiten Food Waste-Erhebung im Sommer 2020 wollen wir feststellen, ob unsere Massnahem greifen und wir unser Ziel von einer Reduktion von mindestens 15% erreicht haben».
Einfache Tipps für zuhause
Der Apfel ist schrumpelig, das Joghurt seit 2 Tagen abgelaufen und die Gäste haben keinen grossen Hunger. Wie Food Waste im Privathaushalt vermeiden?
– Auswahl: Regionale Produkte bevorzugen und einen Bezug zum Produkt aufbauen. Dem Produkt auch mal einen «Schönheitsfehler» verzeihen. – Einkauf: Vorab ein Blick in den Kühlschrank und dann mit einer Einkaufsliste gezielt einkaufen. Nicht mit leerem Magen oder auf Reserve einkaufen.
– Aufbewahrung: Je nach Produkt und Packungsinfo richtig lagern: trocken, im Kühlschrank oder Tiefkühler. Viele Produkte sind auch nach dem aufgedruckten Verfalldatum noch geniessbar.
– Kochen: Die Menge ist entscheidend:nach Rezept oder Masseinheiten kochen. Speisereste verwerten.
– Konsumieren: Sich Zeit fürs Essen nehmen und dieses in einer entspannten, freundlichen Atmosphäre geniessen.
Mehr zum Thema : https://foodwaste.ch/was-ist-food-waste/
Ein spannendes und wichtiges Projekt am SZO als weiteres Puzzle-Teil zum Lean-Hospital!
“Muda” lässt grüssen!