Mit welchen Anliegen kommen die Frauen zur BCN in die Brustsprechstunde?
Es ist von Frau zu Frau verschieden. Die Diagnose Brustkrebs reisst jeder Frau den Boden unter den Füssen weg. Gewisse Frauen möchten von Anfang an alles über ihre Krankheit, die Therapien, das Gesundwerden und die Körperveränderung wissen und andere sind eher zurückhaltend was die Information angeht. Das ist zu akzeptieren. Es ist sehr individuell, wie die Frauen mit der neuen Situation umgehen, wie sie diese verarbeiten und kommunizieren.
Das erste Jahr werden die Brustkrebspatientinnen sehr intensiv vom multidisziplinären medizinischen, pflegerischen und therapeutischen Team betreut. Der Terminplan der dicht aufeinanderfolgenden Therapien regelt denn Ablauf strikt. Nach dieser intensiven Zeit der Behandlung, Betreuung und Therapie ist die Gefahr gross, dass diese Frauen in ein » Loch» fallen. Die intensive Betreuung ist zu Ende und der Kontakt mit dem interdisziplinären Team bricht ab. Die BCN ist deshalb eine sehr wichtige Bezugsperson, ein roter Faden sozusagen, für die betroffenen Frauen und deren Angehörigen sowie die Fachpersonen im SZO. Von Anfang an – vom Verdacht über die Diagnose bis hin zur Therapie und Nachsorge – ist sie voll in die Abläufe integriert.
Die BCN gibt den betroffenen Frauen die Möglichkeit, auf spezifische emotionale, körperliche oder soziale Bedürfnisse einzugehen und sie während des ganzen langjährigen Gesundungsprozesses zu begleiten, informieren und zu beraten: bei Sorgen und Ängsten zu den Wirkungen und Nebenwirkungen, den körperlichen Veränderungen, ästhetischen Problemen, Familie, Sexualität oder Arbeit. Der Lebensalltag muss neu geregelt werden.
Ist eine offene, ehrliche Kommunikation sinnvoll?
Sich bewusst zu werden, dass man Krebs hat, tut weh. Man sollte sich und seinen Lieben aber nicht noch mehr Mühe machen, indem man sein nächstes Umfeld ausklammert. Den Partner, die Familie oder eine Freundin miteinzubeziehen ist wichtig – insbesondere auch, um keine Fehlinterpretationen aufkommen zu lassen. Eine Chemotherapie mit Bestrahlung und Antihormonbehandlung ist kein Spaziergang. Wenn die Patientin Kinder hat, stellt sich zudem die Frage, wie man mit dem Thema kindergerecht umgeht.
Wir setzen alles daran, in den Phasen von Hilflosigkeit, Wut oder Trauer eine Anlaufstelle für die Frau und ihre Angehörigen zu sein, ihren persönlichen Bedürfnissen gerecht zu werden und sie bei ihren Entscheidungen zu unterstützen. Die Frau und ihre Gesundheit sind uns wichtig, nicht nur die Krankheit.
Wir streben eine ganzheitliche Pflege und Betreuung an. Für mich ist das eine wunderschöne Aufgabe, die auch viel Einfühlungsvermögen braucht: zur richtigen Zeit persönlich und mit Infobroschüren der Krebsliga die richtigen Tipps abgeben, bei sozialen oder beruflichen Fragen die richtigen Kontakte und Anlaufstellen aufzeigen, bei emotionalen oder psychologischen Belastungen weiterhelfen oder in schwierigen familiären Situationen den Einbezug der Familienhelferin der Spitex vorschlagen. Kurzum: umfassend unterstützen.
Frau sein: gestern, heute… und morgen?
“Wie kann man trotz Haarverlust (Alopezie) aufgrund der Nebenwirkungen chic aussehen?” “Wie gesünder wirken?” “Wie mit der Körperveränderung (z.B. Ablatio) leben?” Viele Fragen tauchen auf. Die Kopftuchberatung und Schminkkurse haben sich in der Vergangenheit bewährt. Sie fördern die Lebensqualität und den Heilungsprozess. Die Stiftung Look Good Feel Better und das SZO bieten im Spital Visp zweimonatlich kostenlos 2-stündige Beauty-Workshops für Frauen mit einem Krebsleiden an. Eine Kosmetikexpertin und Pflegefachfrau geben Informationen zur Hautpflege sowie Schminktipps fürs Tages- und Abend-Make-up.
Auch sehr junge Frauen können betroffen sein. Hier ist vor allem die Familienplanung ein Thema, das beschäftigt und Angst hervorruft. Man ist noch am Anfang des Lebens und trägt bereits eine schwere Last – die Krankheit – im Rucksack mit, die zudem wiederkommen kann. Regelmässige Mammographien, MRI oder Ultraschall gehören von nun an zum Lebensalltag. Es ist wichtig, nachvollziehen zu können, wie schwierig es ist, speziell für junge Frauen, mit dieser Situation um zu gehen und damit zu leben.
Im Laufe des Genesungsprozesses verändern sich die Frauen. Sie werden generell selbstbewusster, tragen mehr Sorge zu sich und drücken ihre Meinung resoluter aus. Sie lernen, auch mal «nein» zu sagen. Diese positive Begleiterscheinung kann ich öfters beobachten.
Gibt es auch männliche Patienten mit Brustkrebs?
Zirka 50 Männer erkranken jährlich in der Schweiz an Brustkrebs. Männliche Patienten sind daher in der Brustsprechstunde selten. Es ist für sie noch schwieriger als für Frauen, denn sie sehen die Krankheit eher als etwas Peinliches an. Wir begleiten die Männer mit der nötigen Diskretion.
Wie unterstützt der Spendenverein Bärgüf die Betroffenen?
Der Spendenverein Bärgüf finanziert Spezialbüstenhalter für Frauen nach einer Brustoperation. Nach einer Ablatio oder einer Rekonstruktion der Brust ist ein gut tragender BH enorm wichtig. Er bietet Komfort und hilft beim Gesundwerden. In der Brustsprechstunde können wir den Frauen seit Sommer 2018 dank Bärgüf einen Gutschein im Wert von 160.- CHF abgeben.
Wie meldet man sich für die Brustsprechstunde an?
Die Patientinnen können sich beim Spüren einer Auffälligkeit ihrer Brust selber anmelden. Es können aber auch Anmeldungen über den Hausarzt, Gynäkologen oder das Mammographie-Screening Programm erfolgen. Wir sind offen für alle und jeden.
Mehr Infos zur Brustsprechstunde im SZO: Brustsprechstunde SZO
« Die Frau und ihre Gesundheit sind uns wichtig, nicht nur die Krankheit. Für mich ist das eine wunderschöne Aufgabe, die auch viel Einfühlungsvermögen braucht »
Inge Berchtold-Kalbermatter, diplomierte Pflegefachfrau Onkologie und Breast Care Nurse im Spitalzentrum Oberwallis
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