Prävention & Beratung

«Ich bin Zeuge eines schweren Unfalls. Was soll ich tun?»

Ein Skifahrer stürzt vor Ihnen, Ihre Begleiterin fällt bei einer Wanderung von einem Felsen, Ihre Nichte erleidet aufgrund der Höhe einen Schwächeanfall. Im Gebirge sind viele Aktivitäten und Freizeitbeschäftigungen möglich. Es kann aber manchmal auch gefährlich sein und schwere Unfälle verursachen.
Wir alle können eines Tages Zeugen eines solchen Ereignisses werden. Was tun und wie reagieren? Wie verläuft die Versorgung bis zur Notfallstation? Patricia Madureira, Stationsleitung in der Notfallstation von Sitten, gibt uns einige Ratschläge und sagt uns, wie man reagieren soll.

«Ich bin Zeuge eines schweren Unfalls. Was soll ich tun?»

Vorerst muss man an seine eigene Sicherheit denken. Wenn Sie aus irgendeinem Grund das Opfer nicht berühren wollen, wenn Sie sich nicht wohl fühlen oder wenn der Ort nicht sicher ist, müssen Sie daran denken, sich selbst zu schützen. Es kann sein, dass Sie die einzige Person sind, die den Rettungsdienst anrufen kann.

«Wenn Sie sich nicht in Sicherheit fühlen, gehen Sie nicht hin!»

Auf jeden Fall besteht die erste Reaktion darin, so rasch wie möglich den Rettungsdienst zu alarmieren, indem Sie die Nummer 144 wählen. Ein Disponent wird mit Ihnen sprechen und Ihnen einige Fragen stellen, um die Situation zu verstehen. Er kann über die Mittel entscheiden, die einzusetzen sind. Idealerweise müssten Sie ihm folgende Auskünfte und Informationen geben können:

  • WO? Unfallort
  • WER? Falls möglich: Name, Alter und Geschlecht der verunfallten Person
  • WAS? Was Sie an Verletzungen Blutungen, usw. sehen

«Wie kann ich helfen, bis der Rettungsdienst eintrifft?»

Patricia Madureira
Stationsleitung in der Notfallstation, Sitten

Jeder Unfall, jedes Opfer und/oder jeder Umstand ist anders. Es ist deshalb wesentlich, die Situation zu analysieren und jegliche Handlung zu vermeiden, welche die Gesundheit der gefährdeten Person beeinträchtigen könnte. Eine erste Evaluation kann durchgeführt werden, um die Vitalfunktionen zu kontrollieren, zu verbessern und zu stabilisieren. Das Personal der Notfallerstversorgung arbeitet nach dem ABCDE-Schema. Wenn das Opfer bei Bewusstsein ist, können Sie gemäss den folgenden Schritten ebenfalls dieses Schema anwenden:

  • Airway für «Atemwege»: Kann die Person sprechen? Drückt sie sich korrekt aus?
  • Breathing für «Atmung»: Wie atmet sie? Hat sie Atemprobleme? Behindert etwas ihre Atmung (zum Beispiel am Hals einengender Pullover)?
  • Circulation für «Blutkreislauf und Blutung»: Welche Gesichtsfarbe hat die Person? Ist sie blass oder gräulich? Schwitzt sie? Stoppen Sie die Blutung nach Möglichkeit mit einem Kompressions- oder Druckverband.
  • Disability für «Neurologisches Defizit»: Fühlt die Person alle Gliedmassen? Wenn dies nicht der Fall ist, darf sie weder berührt noch bewegt werden.
  • Exposure für «Körperuntersuchung». Hier können Sie interagieren: Was sehen Sie? Könnten Sie etwas tun, um die Situation zu verbessern? Wenn die verunfallte Person zum Beispiel sehr viel Blut verliert, versuchen Sie die Blutung mit Taschentüchern oder mit einem festgezogenen Gürtel zu stoppen. Das Zudecken der verletzten Person kann ebenfalls ein geeignetes Mittel sein, um das Opfer zu wärmen, bis der Rettungsdienst eintrifft.

Stellen Sie zudem einen Kontakt zur Person her, die sich in Schwierigkeiten befindet, und behalten Sie diesen Kontakt bei, um die Person zu beruhigen und zu verhindern, dass sie in Panik gerät, insbesondere wenn sie sich an einem gefährlichen Ort befindet, den Sie nicht erreichen können.

Jede bewusstlose Person muss in eine stabile Seitenlage (SSL) gebracht werden, um ihre Atemwege frei und offen zu halten und zu verhindern, dass sie an Erbrochenem erstickt. Auch hier hängt alles von der Situation ab. Wenn Sie den Unfall nicht gesehen haben und die Person bei Bewusstsein ist, wird empfohlen, sie nicht zu bewegen, denn Sie kennen weder den Sachverhalt noch die Schwere der Verletzungen. Wenn die Person jedoch erbricht, legen Sie sie behutsam auf die Seite, um ein Ersticken zu verhindern.

Der Rettungshelikopter trifft ein. Wie geht es weiter?

Die verunfallte Person wird direkt vom Rettungsteam betreut. Das Team besteht aus einem Piloten, einem Flughelfer oder einem Bergführer sowie einem Arzt. Der Helikopter ist so ausgerüstet, dass eine erste Evaluation und der Beginn der Behandlung möglich sind.

Der Patient wird gemeldet und zum nächsten Spital geflogen. Je nach Zustand des Patienten bereitet das Personal der Notfallstation dessen Ankunft vor:

  • Wenn die Vitalparameter gefährdet sind, wird er in den Schockraum geführt (für Pathologien bestimmt, die eine Gefährdung darstellen).
  • Wenn die Parameter stabil sind, wird er zur Triage der Notfallstation geführt. Dort wird ihm ein Schweregrad zwischen 1 und 5 zugeordnet. Diese Stufen ermöglichen das Verwalten des Patientenflusses in der Notfallstation und die Priorisierung der schwersten Notfälle.

Wie ist der Schockraum organisiert?

Die Versorgung im Schockraum erfolgt durch:

  • Eine Leader-Ärztin oder einen Leader-Arzt: Sie oder er entscheidet über die umfassende Versorgung des Patienten. Bei Bedarf beziehen sich sämtliche Fachärzte auf ihn. Er entscheidet auch, welche Pflegeintervention prioritär durchgeführt wird.
  • Zwei Pflegefachpersonen, ein(e) Leader(in) und eine zweite Pflegefachperson, die den Arzt assistiert. Je nach Situation kann zur Verstärkung eine dritte Pflegefachperson angefordert werden.
  • Die verschiedenen Fachärzte (Anästhesisten, Radiologen, Neurologen, Chirurgen, usw.).

Im Spital Wallis gibt es ein Traumazentrum. Das heisst, dass bei der Meldung einer schwerverwundeten (mehrfachverwundeten) Person alle Disziplinen informiert werden, die involviert sein könnten, um für eine Intervention bereit zu sein. So sind 16 medizinische Disziplinen mit ihren Fachärzten (Anästhesisten, Orthopäden, Neurochirurgen, usw.) rund um die Uhr verfügbar.

Je nach Situation kann beim Patienten ein «Bodyscanner» eingesetzt werden, insbesondere, wenn kein Kontakt hergestellt werden konnte und der Unfallhergang nicht bekannt ist. Anschliessend wird der Patient im Allgemeinen in den Operationstrakt geführt und von einem oder mehreren Fachärzten behandelt.

Für zusätzliche Informationen über die Notfallstation (Notfallstationen des Spital Wallis, Hausärztliche Notfallpraxis Oberwallis, Wichtige Telefonnummern, usw.): Notfallstation

(Foto : Air-Glaciers SA )


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Über den Autor/die Autorin

Malika Storelli

Collaboratrice spécialisée en communication

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