Estelle Mangin, Physiotherapeutin und Co-Entwicklerin des Projekts, schlägt uns vor, mit einem Spaziergang in den Korridoren der Abteilung Geriatrie des Spitals Martinach den Parcours «Tour du Valais romand» zu entdecken. Sie erklärt uns, weshalb es entscheidend ist, die funktionelle Unabhängigkeit der hospitalisierten Patientinnen und Patienten zu verbessern.
Für die Patientinnen und Patienten in der Geriatrie des Spitals Martinach ist es ein positives Projekt. Der innovative Lauf-Parcours ist vom medizinisch-therapeutischen Bereich entworfen worden. Er soll vor allem die Mobilisierung der Patientinnen und Patienten in der Abteilung Geriatrie fördern. Bei diesem spielerischen Rundgang in den Korridoren handelt es sich um einen neuen therapeutischen Ansatz. Bei jeder Etappe wird eine Aktivität vorgeschlagen.
Ein kognitiv-motorischer Parcours für eine optimale Rehabilitation
Die «Tour du Valais romand» besteht aus 13 Etappen, die jeweils ein Dorf des französischsprachigen Wallis symbolisieren. Informations- und Bildtafeln laden die Patientinnen und Patienten ein, die Geschichte und die Besonderheiten dieser Dörfer kennenzulernen. Gleichzeitig bildet der Parcours eine Gelegenheit zur Bewegung. Zusätzlich erhalten die Patientinnen und Patienten ein Quizbüchlein, das den Parcours zu einem interaktiven Erlebnis werden lässt. Mit einem Leitfaden, den sie von ihrer Physiotherapeutin erhalten, können sie sich zudem aktiv an ihrer Rehabilitation beteiligen.
Ein Projekt, um den funktionellen Abbau in Zusammenhang mit dem Spitalaufenthalt zu bekämpfen
Dieser Parcours ist eine Antwort auf ein häufiges Problem im Spitalbereich: die lange Immobilisation der Patientinnen und Patienten.
Die hospitalisierten Patientinnen und Patienten verbringen den grössten Teil ihrer Zeit im Bett. Das kann insbesondere bei älteren Menschen zu Komplikationen führen. Bei 30 % von ihnen kommt es zu einem funktionellen Abbau, der ihre Unabhängigkeit beeinträchtigt, erklärt Stéphanie Vaudan, Leitende Physiotherapeutin am Standort Martinach.
Eine Studie von Brown CJ1 zeigt auf, dass die hospitalisierten Patientinnen und Patienten pro Tag durchschnittlich nur 43 Minuten nicht liegend verbringen. Obwohl sich die Situation in den letzten Jahren wahrscheinlich verbessert hat, ist die Feststellung doch alarmierend. Deshalb hat das Team der Abteilung Geriatrie seine medizinisch-therapeutischen Interventionen verstärkt.
Für Estelle Mangin, Physiotherapeutin und Co-Entwicklerin des Parcours, ist dieses Projekt entscheidend, um die funktionelle Unabhängigkeit der Patientinnen und Patienten zu verbessern: Dieser spielerische Rundgang ist entwickelt worden, um in Zusammenarbeit mit dem Pflegeteam und den Angehörigen die funktionelle Unabhängigkeit der Patientinnen und Patienten zu verbessern. Diese Initiative bezweckt die Förderung ihrer Mobilisierung während des Spitalaufenthalts, um den funktionellen Abbau in Zusammenhang mit der Hospitalisation zu bekämpfen.
Zahlreiche Ziele für eine umfassende Rehabilitation
Die «Tour du Valais romand» verfolgt verschiedene motorische und kognitive Ziele, um die spezifischen Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten in der Abteilung Geriatrie abzudecken:
Motorische Ziele:
- Das Laufen auf attraktive und motivierende Art stimulieren
- Die Autonomie der Patientinnen und Patienten fördern
- Den Laufradius erhöhen und Stürzen vorbeugen
- Die im Bett verbrachte Zeit reduzieren
- Das Gleichgewicht stimulieren
- Eine optimale Rückkehr nach Hause fördern
Kognitive Ziele:
- Das Gedächtnis stimulieren und fordern
- Die räumliche und zeitliche Orientierung verbessern
- Die Kenntnisse über die Ortschaften des Wallis erweitern
- An der doppelten Aufgabe arbeiten (Lesen/Sprechen und motorische Übungen)
Eine starke emotionale Verbindung mit dem Walliser Erbe
Das Projekt ist nicht nur auf diese Ziele ausgerichtet. Es berührt auch einen tiefen emotionalen und persönlichen Aspekt. Im Wallis sind die älteren Menschen oft sehr eng mit ihrem Heimatdorf verbunden. Die Patientinnen und Patienten interessieren sich deshalb sehr für die Bilder und Texte auf den Tafeln des Parcours und oft entwickeln sich Gespräche. Persönliche Erinnerungen, geprägt von Geschichte und Emotionen, werden wach. Die Anekdoten von Patientinnen und Patienten, Angehörigen, Besuchern und Pflegepersonal stärken die zwischenmenschlichen Beziehungen und verleihen dem Prozess der Rehabilitation eine zusätzliche Dimension.
Die Initiatorinnen des Projekts, die Physiotherapeutinnen und das involvierte medizinisch-pflegerische Team sind stolz, den Patientinnen und Patienten im Spital Martinach diesen Parcours anbieten zu können. Das von ähnlichen Rundgängen in anderen Institutionen inspirierte Projekt ist für die Patientinnen und Patienten unserer Region von grossem Nutzen.
1 Brown CJ, Redden DT, Flood KL, Allman RM. The underrecognized epidemic of low mobility during hospitalization of older adults. J Am Geriatr Soc. 2009;57(9):1660–5.
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