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«Die Frauen sollen sich bei uns sicher und gut aufgehoben fühlen»

Frau Dr. Silke Johann ist die neue Leiterin der Klinik Frau-Kind im Spitalzentrum Oberwallis (SZO). Im Interview erfahren wir mehr zu ihrer Person und ihrem Schaffen.

Rückblickend, warum haben Sie diesen Beruf gewählt – Beruf oder Berufung?

Berufung! Mit 17 Jahren wusste ich: Ich werde Ärztin – aberich wusste nicht, welches Fachgebiet. Die Orthopädie fand ich spannend, wollte aber immer einmal eine Geburt sehen. Als ich im Kreiskrankenhaus in Mayen in meiner Heimat in der Geburtsabteilung stand, war mir klar: das und nichts anderes. Ich hatte das Privileg und die Möglichkeiten, Frauenärztin zu werden, und bin dankbar dafür.

Wo liegen Ihre Stärken?

Ich arbeite sehr gerne. Ich bin breit ausgebildet und habe mich danach auf minimal-invasives Operieren spezialisiert,sowohl bei gutartigen Erkrankungen wie Myomen, Endometriose, Blutungsstörungen, Eierstockzysten als auch bei bösartigen Erkrankungen wie Gebärmutter-, Eierstockkrebs sowie Brustoperationen bei Erkrankungen der weiblichen Brust.

Was sind die schönsten Erlebnisse?

Eine Schwangerschaft ist immer wieder aufs Neue ein Phänomen: aus zwei Zellen wird ein ganzer Mensch. Und eine Geburt ist jedes Mal wieder ein unglaublich schönes Erlebnis. Als Chefärztin wird man leider oft zu den Geburten gerufen, die nicht normal verlaufen. In den allermeisten Fällen klappt aber alles sehr gut.

Sind Ihre Patientinnen meist gesund?

Ja. Zu 75 % betreue und berate ich gesunde Frauen, was wohl kaum ein anderer Arzt sagen kann.

Das Tolle am Beruf ist das breite Spektrum: die Begleitung von jungen Mädchen bezüglich Prävention, Verhütungsberatung und erster Sexualität und von jungen Frauen, die schwanger werden möchten, über die Betreuung rund um die Geburt bis hin zu reifen Frauen mit Wechseljahresbeschwerden oder Inkontinenz. Die Nähe und Integration der Familie ist sehr wichtig. Die Frau entscheidet aber selber, ob der Mann, die Mutter, die Schwester oder die Kinder den Untersuchungen, z.B. Ultraschall, beiwohnen dürfen oder nicht. Mir ist generell eine gute Begleitung und Nachsorge wichtig (z.B. Krebs, Endometriose oder Kinderwunsch).

Besonders am Herzen liegt mir auch die jährliche Kontrolle. Dabei geht es nicht nur um einen Abstrich, sondern es handelt sich um eine umfassende Präventionsmassnahme mit einer Kontrolle des Urins, Blutdrucks und Gewichts sowie einem Blick auf die Brust. Ich empfehle Mädchen und Frauen, alle 18 bis 24 Monate eine Kontrolle zu machen.

Frauen, die ungeplant oder ungewollt schwanger wurden, bieten wir Hilfestellung in der Entscheidung für oder gegen das Austragen der Schwangerschaft. Wir ermöglichen ihnen z.B. auch hier im SZO eine anonyme Geburt.

Warum das Oberwallis?

Ich liebe die Abwechslung. In der Klinik Frau-Kind im SZO treffe ich auf ein optimales Umfeld und habe die Chance, die ganze Breite mit einem Fokus auf einzelne Bereiche abzudecken. In einem Unispital sind Hochspezialisierungen gefragt. Ich habe von meiner Vorgängerin, Dr. Franziska Zen Ruffinen, eine ausgezeichnete Basis geerbt. Die Klinik ist sehr gut organisiert. Mit meinen spezifischen fachlichen Kompetenzen und meinem Know-how kann ich darauf aufbauen und mich mit dem Team weiterentwickeln.

Das Oberwallis ist meinem Heimatland sehr ähnlich: eine ländliche Umgebung, die Berge – auch wenn es sich bei uns in der Eifel nur um 800 Meter hohe Hügel handelt. Das Umfeld hier passt mir besser als das städtische, das ich die letzten Jahre hatte. Auch der Humor ist der Eifler Mentalität sehr ähnlich. Mein Partner ist mir mit Begeisterung ins Wallis gefolgt und kann hier seinen Beruf als Zimmermann ausüben.

Was möchten Sie den Oberwalliser Frauen sagen?

Die Oberwalliser Frauen mussten für viele chirurgische Eingriffe bisher aus dem Wallis weg. Nun kann die Klinik Frau-Kind diese Leistungen im Oberwallis anbieten. Ich möchte offen für die Anliegen und Bedürfnisse der Frauen und Familien sein und sie mit der nötigen Diskretion betreuen.

Nach gut 100 Tagen: Ihre persönliche Bilanz?

Ich fühle mich wohl und angekommen. Ich wurde herzlich aufgenommen, sei es in der Nachbarschaft in Visp oder im Team der Klinik Frau-Kind. Ich geniesse die Zusammenarbeit mit der Kinderabteilung und den Austausch auf Augenhöhe mit ihrem Leiter und Chefarzt Dr. Simon Fluri. Die Stimmung ist sehr entspannt und wir verfolgen das gleiche Ziel: eine umfassende Versorgung für Frau, Kind und die ganze Familie in einem guten, gesunden Umfeld.

Der Pflegestandard ist sehr hoch. Im SZO sind viele fortschrittliche Pflegehandlungen selbstverständlich, die in Unispitälern teilweise noch eingeführt werden, z.B. Bonding (Förderung der Eltern-Kind-Bindung) oder die Zertifizierung als babyfriendly hospital. Auch die Breast Care Nurse ist mittlerweile nicht mehr wegzudenken.

Ein ergreifender Moment?

Zwischenmenschlich: Das Abschiedsfest meiner Vorgängerin Dr. Franziska Zen Ruffinen sowie von Jolanda Eyer (Hebamme) und Dr. Alain Wimmersberger (Kinderarzt) im vergangenen Dezember. Die Herzlichkeit, wie der Anlass organisiert und gestaltet wurde. Ich war tief berührt und ergriffen über die grosse Wertschätzung und den Humor. Es gab mir ein familiäres Gefühl: Man hat vielleicht mal Konflikte, aber man weiss auch, was man aneinander hat.

Fachlich: Ich habe einer Patientin eine Gebärmutter von 780 Gramm, 4 Mal schwerer als normal, mit Bauchspiegelung entfernt. Diese minimalinvasive endoskopische Operation benötigt nur 4 kleine Schnitte statt einer grossen Operationswunde. Sie ermöglicht eine schnelle Genesung und hinterlässt nur kleine Narben. Dafür mussten die Frauen bisher bei dieser Grösse nach Bern zur Operation.

Wie viele Stunden hat Ihr Tag? Gelingt es Ihnen, am Abend abzuschalten?

Aktuell 14 Präsenzstunden im Spital pro Tag, 6 Tage die Woche, auf Abruf nachts und am Wochenende. Ein Spaziergang an der frischen Luft und ein gemütlicher Moment vor dem Kamin mit einem Glas Pinot Noir aus dem Oberwallis geben mir eine willkommene Abwechslung. 


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Über den Autor/die Autorin

Diana Dax

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